Globalisierungskritik statt Sportplatz

Heute habe ich mit einem satirischen Text unter obigem Titel wohl für ein wenig Aufregung in unserem beschaulichen Gemeinwesen gesorgt. Dabei wollte ich niemanden persönlich beleidigen. Dass sich dann trotzdem Menschen, die man nicht beleidigen, sondern lediglich mit Niveau kritisieren wollte, beleidigt fühlen können, bleibt das Risiko jeder Kritik.

Des lieben Friedens Willen und zur Klarstellung:

1. Definition Satire. Satire ist eine Kunstform, mit der Personen, Ereignisse oder Zustände kritisiert, verspottet oder angeprangert werden. Typische Stilmittel der Satire sind die Übertreibung als Überhöhung oder die Untertreibung als bewusste Bagatellisierung bis ins Lächerliche oder Absurde. Üblicherweise ist Satire eine Kritik von unten (Bürgerempfinden) gegen oben (Repräsentanz der Macht) vorzugsweise in den Feldern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. https://de.wikipedia.org/wiki/Satire

2. Uns Ortsvorsteher Karl Bernhard Wennemuth ist weder Anarchist, noch Globalisierungskritiker – und bisher auch nicht als Künstler aufgefallen! Tatsächlich ist er ein sehr engagierter, von vielen geschätzter Mitmensch. Lediglich, dass er keinen Spaß versteht, und noch weniger mit subtiler Kritik umzugehen weiß, hat er heute mit einem kurzen Telefonat bewiesen.

3. Das auf dem Foto dargestellte Motiv ist definitiv keine Kunst! Das erkennt, wer das Motiv betrachtet. Lediglich der ursprüngliche Text darum herum war Kunst! Auch die darin ausgeführte Behauptung, auf dem Hasselbacher Sportplatz entstünde im Vorfeld der nächsten documenta ein Skulpturenpark: War zu Gunsten der Pointe erstunken und erlogen! Wer guten Willens und klaren Verstandes ist, konnte das erkennen.

Bevor ich allerdings wegen „unlustiger Texte“ verhaftet werde, oder der Ortsvorsteher nie wieder Bier mit mir trinkt, habe ich den ursprünglichen Text durch diese Klarstellung ersetzt.

Auch hier zur Klarstellung: KEINE radikale Globalisierungskritik, noch nicht mal Kunst!

Hasselbach – Wildblumenwiese am Ortseingang

Umweltschutz und Spaß dabei: Freiwillige und Freunde der FFW Hasselbach
an der neuen Blumenwiese am Ortseingang. Foto: Schuler

In Sachen Umweltschutz brauchen Hasselbächer keine Nachhilfe. Schon gar nicht vom sogenannten Naturschutzbund BUND, der sich im Werra-Meissner-Kreis ohnehin mit völlig unseriösen Positionen zur Autobahn A44 für alle Zeit disqualifiziert haben dürfte.  Die Umweltpraktiker im beschaulichen Waldkappeler Ortsteil packen lieber an – so wie die Freiwillige Feuerwehr Hasselbach, die auf einer Wiese am Ortseingang nun eine Wildblumenwiese als Bienen- und Insektenweide angelegt hat.

„Wir wollen einfach mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, wie einfach es ist, auf normalen Wiesen- oder gar Rasenflächen Insektenparadiese zu schaffen“, erläutern Jürgen Manns und Rene Hesse von der FFW. „Auf unserer Blumenwiese kann jeder sehen, wie schnell sich wieder eine bunte Blütenvielfalt einstellt, auf die Insekten im Wortsinne fliegen. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir freiwillige Nachahmer fänden – und helfen auch gerne bei der Umwandlung konkreter Flächen“.

Finden sich weitere ungenutzte Garten- oder Wiesenflächen, die Mitbürger zur Umwandlung bereitstellen wollen, soll die Aktion „Blühflächen“ wiederholt bzw. fortgesetzt werden. Dafür wird die vorgesehene Fläche mit der Egge aufgerissen und danach spezielles Bienenweide-Saatgut ausgebracht. Wird danach ein paar Monate nicht gemäht, entsteht eine wunderbare, ganzjährig blühende Blumenwiese. Das freut Mensch wie Biene.

Mozart in Hasselbach

duo-vimaris-2016Unserem bescheidenen Hasselbacher Dorfkirchlein wurde,  ja man muss es so schreiben, letzten Samstag die Ehre zuteil,  das Thüringer DUO VIMARIS (Foto) zu Gast zu haben.  An der restaurierten Hasselbacher Kirchenorgel  demonstrierte der Thüringer Universitätsorganist  Wieland Meinhold auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde, welche Klangmajestät ein großer Musiker auch dem kleinsten Instrument zu entlocken vermag.  Auch nicht der typische Bach, „für einen Thüringer Organisten das tägliche Brot“, stand auf dem Programm, sondern selten gehörte Mozart-Variationen. Vollends zum angekündigten „Konzert bei den Engeln“ wurde der Abend durch Sopranistin Mirjam Meinhold, deren Gesang schlicht zum Niederknien schön war. Vermutlich war seit Jahrzehnten kein solcher Wohlklang in Hasselbach zu hören. Herzlichen Dank an Mirjam und Wieland Meinhold für das wunderbare Konzert.

Wir müssen die Freiwilligkeit gegen die Hauptamtlichkeit verteidigen

mas-09-2016sw_0130Kommentar zum Freiwilligentag 2016
– von Martin Schuler –

Nach wie vor unterliegen die Städte und Gemeinden im Werra-Meißner-Kreis einem Spardiktat oder sind gar über einen „Rettungsschirmvertrag“ zum radikalen Rückzug aus allen sogenannten freiwilligen Leistungen gezwungen.  Weniger Verwaltung, weniger Aufgaben, weniger Verschwendung, weniger Schulden, weniger Steuern – die Grundidee dieser  neoliberalen Politbürokraten-Logik scheint zunächst plausibel und verfängt sogar bei den Wählern – zumindest bis sie bemerken, was das für ihren Alltag bedeutet. Denn in der Praxis schleicht sich die öffentliche Hand vielerorts schlicht aus ihrer Verantwortung für das gesamte nicht gesetzlich geregelte Gemeinweisen!  Zieht sich zurück auf die Kernaufgaben hoheitlicher Ordnungsverwaltung und eine lokale Mannschaft hauptamtlicher Vollstrecker. Die zurückgelassenen Aufgaben, so ist es jetzt von Politikern, Landräten und Bürgermeistern oft zu hören, sollen künftig Ehrenamtliche und Freiwillige leisten.  Gerade zum kreisweiten Freiwilligentag sollte es erlaubt sein, den Herren einmal nachdrücklich und fundiert die Leviten zu lesen.

Betrachten wir zunächst die Begriffe. Freiwillige Leistungen im Sinne der öffentlichen Haushaltslogik sind all die Dinge, zu denen nicht irgendeine „öffentliche Hand“ kraft eines Gesetzes zu irgendeiner Art von Leistung (Finanzierung, Erstellung, Unterhaltung, Sicherung, Personal …) verpflichtet ist. Und da nun mal nirgends dezidiert in einem Gesetz steht, dass z.B. Schwimmbäder Pflicht sind, auch wenn es Konsens ist, dass bitte alle Kinder Schwimmen lernen sollen, erscheint ein Schwimmbad heute nicht mehr als selbstverständlich notwendige städtische Einrichtung – sondern als kostenträchtiges Überbleibsel einer verschwenderischen Vorgängergeneration. Für Schwimmbäder ist kein Platz mehr in den ordnungsgemäß ausgeräumten öffentlichen Haushalten.  Bürokraten mögen das Konsolidierung nennen, für mich ist das Verwaltungsversagen.

Ehrenamtlichkeit ist auch so ein Begriff. Im engeren Sinne versteht man darunter Freiwillige, die unbezahlt öffentliche Ämter und Funktionen innehaben. Klassisch Ehrenamtliche begegnen uns als Stadtverordnete, Vereinsvorsitzende und Übungsleiter, aber auch ehrenamtliche Rettungshelfer und Schöffen leisten bereits jetzt unverzichtbare, die hauptamtliche Staatlichkeit notwendig ergänzende Arbeit. Im Begriffe Ehrenamt kommen also Amt, sprich öffentliche Funktion, und Ehre, sprich unbezahlte freiwillige Arbeit zu Gunsten des Gemeinwesens, zusammen. Zudem werden Ehrenamtliche nicht im klassischen Sinn bezahlt, ihnen wird lediglich der Aufwand entschädigt. Mit etwas Verstand wird man von diesen längst engagierten Mitbürgern kaum noch mehr freiwillige Arbeit erwarten dürfen. Interessanterweise hat sich der Sprachgebrauch des Adjektivs merkwürdig verschoben: Von ehrenamtlicher Arbeit spricht man heute gemeinhin schon, wenn die Leistung für das Gemeinwesen nicht bezahlt wird bzw. sie den öffentlichen Haushalt nicht belastet.

Insofern sollen also, nimmt man Politiker, Landräte und Bürgermeister beim Wort, bislang unbekannte Freiwillige künftig bitte kostenlos jene Arbeit leisten, aus denen sich die öffentliche Hand zurückgezogen hat. In der Konsequenz führt das zu Zwangsfreiwilligkeit – einem Wort das es im Deutschen nicht einmal gibt. Wären es nicht unsere Spiel- und Bolzplätze, Grillhütten, Vereinsheime, Rasenflächen und Friedhöfe, wäre es nicht unser Gemeinwesen, für das unsere hochbezahlten hauptamtlichen Politbürokraten zeitgeistbeflissen die Verantwortung verweigern, wir würden aus Trotz alles vergammeln lassen! Mähen wir unsere Sportplätze eben selbst. Wie lange wir uns diese dreiste Kombination aus Leistungsverweigerung und Zwangsfreiwilligkeit gefallen lassen, ist eine ganze andere Frage. Es scheint an der Zeit, die Freiwilligkeit gegen die Hauptamtlichkeit verteidigen zu müssen.

ZEITUNGSAUSTRÄGER SIND LEISTUNGSTRÄGER!

Mittelwertig verdient ein Zeitungszusteller 2015 rund 1.000 EUR weniger als ihm zustünde, würde auch für ihn oder sie der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR gelten.
Mittelwertig verdient ein Zeitungszusteller 2015 rund 1.000 EUR weniger als ihm zustünde, wenn auch für ihn oder sie der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR bereits gelten würde. Foto: verdi

Zeitungsausträger gehören meines Erachtens zu den Leistungsträger eines Zeitungsverlages. Trügen sie nicht bei Wind und Wetter frühmorgens die druckfrische Zeitung zuverlässig bis an den Briefkasten, würde heutzutage kein Mensch mehr eine Tageszeitung abonnieren – völlig egal was drinsteht. Ich weiß ganz genau wovon ich spreche, meine Mutter hat über vierzig Jahre die Badische Zeitung ausgetragen.

Trotzdem ist es der Verlegerlobby in der Diskussion um den Mindestlohn gelungen, ausgerechnet für diese Berufsgruppe eine nachteilige Ausnahmeregelung durchzusetzen. Statt einem Mindestlohn von 8,50 EUR erhalten auch erwachsene Zeitungszusteller (und Austräger von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt) bis Ende 2015 lediglich 6,38 EUR (75% von 8,50 EUR) und 2016 nur 7,23 (85% von 8,50 EUR). Erst ab 2017 erhalten Zeitungszusteller den für fast alle anderen Branchen bereits für 2015 gültigen gesetzlichen Mindestlohn. Sollte bis dahin die Mindestlohnkommission den Mindestlohn allerdings bereits erhöht haben, wird diese Erhöhung für Zeitungszusteller wiederum erst 2018 wirksam. Konkret bedeutet das, dass Zeitungszusteller mindestens weitere zwei Jahre unterhalb des gesetzlichen Mindestlohn bezahlt werden. Meiner Meinung nach ist das eine bodenlose Sauerei!

Faktisch steht euer Tageszeitungsausträger sechs Mal in der Woche um 4 Uhr für euch auf, schwingt sich gegen 4.30 Uhr bei jedem Sauwetter auf sein Fahrrad (oder nutzt auf eigene Kosten seinen PKW), fährt zum Distributionspunkt, lädt seine Zeitungspakete (und wenn er Pech hat noch ein paar Bündel nicht eingeschossene Beilagen) ein und macht sich schwer beladen auf in sein Verteilgebiet. Wir dürfen annehmen, dass seine oder ihre Arbeitszeit trotzdem erst beginnt, wenn er den ersten Briefkasten erreicht hat. Zwischen 4.45 – 6.15 Uhr steckte er oder sie – je nach Gebiet und Abodichte – zwischen 60 – 180 Zeitungen in Briefkästen und Zeitungsrollen. Im Winter ist der Zeitungsausträger zudem die ärmste Sau, er oder sie ist fast immer vor dem ersten Streudienst unterwegs.

Rechnen wir mal gegen was er oder sie aktuell dafür bekommt: 26 Tage x 1,5 Stunden x 6,38 EUR = 248,82 EUR! Das sind mittelwertig 9,57 EUR pro Einsatz. Für um 4.00 Uhr für uns aufstehen und um 6.30 Uhr wieder heimkommen. Gälte der Mindestlohn bereits , wären es übrigens auch nur 12,75 EUR – und ich gehe jede Wette ein, dass dafür kaum einer von uns auch nur um 4.00 Uhr aufstehen will.

Auf diese Weise spart der Verlag, bzw. meist dessen längst ausgegliederte Vertriebseinheit, dieses Jahr pro Monat und Austräger 82,68 EUR ein, was sich über das Jahr mithin auf fast 1.000 EUR pro Austräger summiert.

Oder, um es konkret zu sagen: Jeder Zeitungsausträger wird dieses Jahr von seinem Arbeitgeber um fast 1.000 EUR beschissen. Einfach weil ein paar Dutzend Tageszeitungsverleger für Politiker so viel wichtiger sind, als Hundertausende von anständigen Menschen, deren Wecker morgen früh wieder um 4.00 Uhr für uns klingelt.

DAS mußte ich jetzt auf jeden Fall mal loswerden.

Effektiv gegen das schlechte Gewissen hilft derzeit nur ein gelegentlicher Zehner Trinkgeld. Meine Mutter hat sich über solche Zeichen persönlicher Wertschätzung immer besonders gefreut.

ExtraTip – 860 Gramm pure Wirtschaftsförderung!

ExtraTIP Kassel -860 Gramm nichts als Wirtschaftsförderung!
ExtraTIP Kassel – 860 Gramm pure Wirtschaftsförderung!

Heute habe ich dem – zugegeben nettesten – Anzeigenverkäufer unserer Raumschaft doch tatsächlich vorgeworfen, dank seiner Verlagsgruppe sei das journalistische Niveau, auf dem über unsere schöne Gegend berichtet wird, mittlerweile auf das Kasachstans gesunken. Das war natürlich unfair – Mediaberater haben denkbar wenig Einfluss auf die Redaktionen und noch weniger auf die publizistische Ausrichtung ihres Verlages. Zudem ist es doch gerade dieser Verlagsgruppe zu danken, dass es überhaupt noch bezahlte Journalisten und Fotografen in – und Berichterstattung aus – Nordhessen gibt. Wie es in Kasachstan aussieht, ob es da nur Tageszeitungen oder bereits Anzeigenblätter gibt, weiß ohnehin kein Mensch. Also: Asche auf mein Haupt!

Als öffentliche Bußübung sozusagen, greife ich mir zur Widerlegung meiner dummen Behauptung also ein regionales Leitmedium, das in Kassel erscheinende Anzeigenblatt „ExtraTIP“.  Nicht irgendeine Ausgabe meiner Wahl, nein, der Fairness halber einfach die Ausgabe vom letzten Sonntag: Ein stolzes, 860 Gramm schweres Konvolut, gewichtiger als Frank Schätzings Schwarm, wurde mir da wieder (wie jeden Sonntag) geschenkt und unaufgefordert kostenlos in meine Zeitungsrolle expediert. Gewichtsmäßig, diese Spitze sei erlaubt, nehmen wir es hier in Nordhessen locker mit einem Hungerhaken wie z.B. dem Münchner Merkur auf.

Diese Woche stehen gleich 22 regionale Unternehmen in der besonderen Gunst des Verlages.
Diese Woche stehen gleich 22 regionale Unternehmen in der besonderen Gunst des Verlages.

Das Hauptgewicht des „ExtraTIP“, das zeigt meine Küchenwaage, liegt mit 88% des Gesamtgewichts definitiv im Bereich der lokalen Wirtschaftsförderung.  Diese Woche stehen gleich 22 regionale Unternehmen in der besonderen Gunst des Verlages. Ihre Offerten, benutzerfreundlich in den Innenteil eingelegt, sind aktuell, bunt und von höchster Papierqualität. 750 Gramm Wirtschaftsförderung auf weit über 500 Seiten! Gratis und zuverlässig jeden Sonntag zu mir an den Waldrand getragen. Ich bin schwer beeindruckt.

Schon dieser quantitative Befund straft mich Lügen:  Mir ist kein anderer Verlag bekannt, der sich so überaus vortrefflich, nachwiegbar und alternativlos zum Wohle der regionalen Wirtschaft positioniert hat. Vermutlich hat in ganz Kasachstan kein vergleichbares Verlagshaus je zu solcher Vollendung gefunden, dass es – wie bei uns in Nordhessen – schlicht keiner Wettbewerbsjournaille mehr bedarf.

Aufgeregt greife ich nun zu den Mantelseiten meines ExtraTip, dort wo man als Leser üblicherweise Redaktion vermutet. Die vortreffliche Titelgeschichte über einen rollenden Bioladen – mit einem lustigen Farbfoto illustriert – bringt die wichtigste Geschichte der Woche auf die Länge einer SMS. Grandios! Entlang weiterer der Wirtschaftsförderung gewidmeten Flächen gleitet mein Blick in den Innenteil.

Überhaupt zur Interpretation dessen anzuheben, was sich auf der nunmehr vor mir ausgebreiteten Doppelseite darbietet, erscheint reichlich anmaßend. Fehlte nicht ausgerechnet in dieser Ausgabe der gewohnte, jederzeit weltkluge „Briefwechsel“ von Chefredakteur Rainer Hahne, Nordhessens einzigem journalistischen Schwergewicht, hätte allein diese Doppelseite einen ganzen Reigen medienwissenschaftlicher Dissertationen verdient!

Auf der linken Zwei findet sich, trefflich getarnt hinter der Überschrift Meinung/Lokales, nicht weniger als die Essenz eines erwachsenen Feuilleton: Horoskop, Weltanschauliches („Treu oder angepasst?“), Weltbewegendes („Hofbesitzer baute „Gras“ an“), oft wunderbar unauffällig vermischt mit anbiedernder Gefälligkeitsredaktion. Unwillkürlich fragt man sich angesichts dieser Pracht, wofür die Intellektuellentruppe von der F.A.S. eigentlich jeden Sonntag eine fußballfeldgroße Fläche braucht. Doch ich will nicht länger schwelgen, zurück zu den Fakten.

Der heimliche Höhepunkt meines Sonntags ist die dritte Seite. Denn für uns Nordhessen erübrigen sich auch Gala und Country Living – wir haben Seite 3 in unserem ExtraTip! Unter der Überschrift „Nordhessen privat“ findet sich hier alles, was in Kassel in den letzten 10 Tagen von öffentlichem Interesse sein wollte. Diese Dritte ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein verlegerisches Bravourstück! Einerseits enthält man sich jeder Wertung: Zum Nordhessen-Promi wird, wer auf einer Veranstaltung in Kassel zwischen Regionalmanager Holger Schach und einen der ExtraTip-Fotografen um Harry Soremski gerät und nicht schnell genug aus dem Motiv springt. Oder sich – mit einer der heute üblichen lässigen Handbewegungen – offensiv hineindrängt. Konfliktträchtiges, Meinung überhaupt, wird hier verständlicherweise gemieden. Zugleich ist dieser visuelle Journalismus eine Paradebeispiel für Effizienz. Fotografiert man oft genug auch alle wichtigen Politiker, erspart man sich viele lästige Vor-Ort-Termine, das öde Geschreibe über das ganze Gerede und all die widerständigen Inhalte auf die sowieso keiner Lust hat. Chapeau!

Da mir beim dem ganzen Schreiben und Wiegen nun ohnehin mehrere Ausgaben vollends durcheinander geraten sind, sei versichert, dass man sich ab Seite 4 wieder dem überbordenden Mitteilungsbedürfnis der regionalen Ökonomie beugt. Und, um nicht meinerseits in den Verdacht der Lohnschreiberei zu geraten: Überschlägig, das kann man dem Verlag natürlich zum Vorwurf machen, werden immer noch mindestens 5% der bedruckten Fläche redaktionell ver(sch)wendet, scheinbar ohne den geringsten Beitrag zur Wertschöpfung zu leisten. Hier, lieber ET-Geschäftsführer Daniel Schöningh, verbergen sich gewiss noch ungehobene Erträge.

Abspann: Manchmal muss man den Dingen mit der geeigneten Waage begegnen, statt sich in vertrauten Vorurteilen zu bestätigen. Gelegentlich wird dann noch viel deutlicher wie wortsinnig verrückt die Verhältnisse sind bzw. geworden sind. Trotzdem weiß man nicht immer genau, was nun Realität und was Satire ist. In diesem Sinne verbeugt sich dieser Text ausdrücklich vor Rüdiger Kreissl (gest. 2005, „Alle tippen für Ippen“) und Jan Böhmermann (für die wunderbare Verwirrung um das Stinkefinger-Video). Rainer Hahne, Nordhessens vitalster Lautsprecher, bekommt, versprochen, an anderer Stelle sein Fett weg.

WINDERNERGIE FÜR NORD- UND OSTHESSEN

Bildausschnitt aus dem "Avifauna-Konzept zum Teilregionalplan Energie Nordhessen".
Bildausschnitt aus dem „Avifauna-Konzept zum Teilregionalplan Energie Nordhessen“.

Windernergiekonzepts für Nord- und Mittelhessen
Mit der gestrigen 2. Offenlegung des von der Regionalversammlung Nordhessen gebilligten Windernergiekonzepts für Nord- und Mittelhessen kommt der Planungsprozess um konkrete Windkraftstandorte in der Region in die entscheidende Phase. An zehn früheren Standorten wurden die Windkraft-Flächen reduziert.
Vom 16.03. – 29.05.2015 liegt die offiziell „Avifauna-Konzept zum Teilregionalplan Energie Nordhessen“ benannte Plangrundlage zur öffentlichen Einsichtnahme im Regierungspräsidium aus. Natürlich kann man die Unterlagen auch bequem online einsehen.

Regionalplanung und Bürgerbeteiligung
Während dieser über das Planungsrecht vorgeschriebenen Offenlegung sollen Betroffene und Interessierte Einblick in die Planung nehmen und Einwände vortragen können. Insofern dient eine solche Offenlegung der Planungstransparenz und implizit auch der demokratischen Bürgerbeteiligung. Bürger, z.B. betroffene Anwohner, aber auch Interessenverbände, z.B.Umwelt- und Naturschutzorganisationen, haben jetzt Gelegenheit, ihre Einwände im Lichte der aktuellen Planung vorzutragen. Üblichwerweise sichten, sortieren und vorbewerten die Fachbehörden nach der Offenlegung die vorgetragenen Hinweise und Einwände und tragen sie wiederum der Regionalversammlung vor. Vielleicht wird der Plan im Detail sogar noch einmal geändert. Aber am Ende, so ist demokratische Planung vom Gesetzgeber vorgesehen, wird die Regionalversammlung das Windenergiekonzept  – trotz teilweise gar virtuos vorgetragener Einwände – mehrheitlich verabschieden (bürokratisch: „den Plan feststellen“). Und ihn damit zur Rechts- und Planungsgrundlage künftiger Windkraftanlagen und Windräder erheben. Erst dann können Windkraft-Initiativen und Unternehmen auf verlässlicher Grundlage investieren.

Planung als demokratischer Prozeß
Diese Eigenart administrativer Planung ist sowohl für Befürworter (die Windräder bauen bzw. unterstützen) wie Windkraft-Gegner frustrierend. Die einen warten auf den Start lange vorbereiteter Projekte. Die anderen erwarten, wie jetzt die Windraftgegner von Vernunftkraft, dass man die gesamte Planung als politischen Irrweg erkennen möge. Obschon demokratische Prozesse eigentlich keine Verlierer kennen, erscheint es den „Unterlegenen“ nicht selten als bräche die Macht die Vernunft.

Windkraftgegner und „Vernunftkraft“
Wie als Beweis dieser These scharen sich hessische Windkraftgegner derzeit hinter der Überschrift „Vernunftkraft“ in einem Bündnis hessischer Bürgerinitiativen. Sie zeichnen auf ihrer Webseite eine „Chronologie der Zerstörung einer Naturlandschaft“, erwirken als Vogelschützer Rodungsverbote gegen Windkraft-Firmen und organisieren hessenweit Demonstrationen „für vernünftige Energiepolitik“. Fröhlich paktiert man bei „Vernunftkraft“ mit abgehalfterte FDP-Politikern und bezahlten Industrie-Lobbyisten und Erderwärmungsleugnern wie Dieter Ameling. Willkommen scheint jeder, der sich hinter dem Postulat „die Energiewende ist ein politischer Irrweg, also ist es jedes Windrad auch“ einordnet.

Anmaßendes Wutbürgertum
Ich halte dieses Denken für anmaßend, falsch und undemokratisch! Anmaßend schon deshalb, weil niemand die Vernunft für sich gepachtet hat. Falsch, weil man implizit allen Andersdenkenden (Winkraftbefürwortern wie demokratisch legitimierten Planern und Entscheidern) Vernunft und Kompetenz abspricht. Und undemokratisch, weil man sich im Wissen höherer Vernunft weder dem politischen Mehrheitswillen (Energiewende) noch seiner Konkretiserung (Windräder) beugen will.

Detailliere Einsicht in das Windenergiekonzept finden Interessierte auf der Webseite des RP
http://www.rp-kassel.hessen.de

Die Position hessischer Windkraftgegner finden Sie hier
http://www.vernunftkraft-hessen.de/

Autobahn A44 – eine kleine deutsche Geschichte

masDie Geschichte „unserer“ Autobahn, also jenes Teilstücks zwischen Kassel und Eisenach,  das uns als Anwohner zuerst interessiert, reicht – für den Verfasser unerwartet – weit in die deutsche Geschichte zurück.  Tatsächlich gibt es keine Alternative, als sie in diesem Kontext zu erzählen, mit Bezug zu Geschichte und Politik unseres Landes und dessen Folgen für unseren Landstrich im Herzen Deutschlands.  Sonst kann sie nicht verstanden werden.

Eschwege ist gewiss nicht Schilda, und der Werra-Meißner-Kreis lag vor der deutschen Einheit tatsächlich im Westen – auch wenn das der eine oder andere unbedarfte Besucher im Jahr 2015 kaum glauben mag. Trotzdem ist hier manches anders als anderswo – und das hat tatsächlich viel mehr mit Deutschland zu tun als man zunächst denkt. Denn die meisten Dinge, die unsere Raumschaft nachhaltig verändert haben, wurden und werden schon immer ohne unser Zutun andernorts entschieden.

Ein typisches Beispiel ist die Medienlandschaft:  Nach der Übernahme der zweitgrößten hessischen Tageszeitung HNA 2002, der Übernahmen des  ExtraTip (Kassel) und des MB Media Verlages (Witzenhausen),  wurden nordhessische Tageszeitungen und Anzeigenblätter konsequent in die Verwertungslogik der Ippen-Gruppe eingereiht.  Auch die Inhalte der Werra-Rundschau (Eschwege) und der Hersfelder Zeitung werden heute von der Ippen Digital GmbH & Co. KG in München verantwortet. Die meisten Printprodukte der Region sind heute aber auch kaum mehr als ein Feigenblatt für die um ein vielfaches umfangreichere Beilagenwerbung. Kritische Redaktion ist in diesem System die Ausnahme, Region und Raumschaft  sind lediglich vertriebliche Organisationseinheiten, regionale Verbundenheit oft nicht mehr als eine geschickte Simulation.

Wie dem auch sei. Derzeit entsteht unsere subjektive Geschichte der A44 durch unseren Landkreis als „work in progress“.   Wer Lust dazu hat, kann uns bei der Arbeit beobachten. Auch Fotos, Tipps, Hilfe und Kommentare sind willkommen.

>>> AUTOBAHN A44

Ungeschminkte Meinung aus dem Werra-Meißner-Kreis

masLiebe Leserinnen und Leser,

dieser Blog ist kein Organ des Werra-Meißner-Kreises (kurz: WMK), weder der Kreisverwaltung noch der Kreisstadt Eschwege. Das Gegenteil ist Programm: Im besten Wortsinne respektlose Meinung zu dem was hier im WMK ist, entsteht, sein könnte oder versäumt wird. Freie Meinung jenseits der öffentlichen Verlautbarungen, der Blättchen und sogenannten Tageszeitungen.

Themen und Ideen haben wir reichlich, sonst bedüfte es ja keines eigenen Blogs. Nachgerade zwingend sind die Themen NATUR, Autobahn A44 und BIER. Ganz einfach: Wir leben hier mitten im Ersten und reden beim Dritten über das Zweite. Politisch wird man zudem an den Themen Windkraft und Modernisierung/Digitalisierung kaum vorbei kommen.

Wir ist zunächst ein überschaubarer Kreis dreister Lokalpatrioten. Damit wir nicht mit rechten Schwachköpfen verwechselt werden, verzichten wir bewußt auf den Namen „Patriotische Einheimische für den Werra-Meißner-Kreis“, obschon das mit PEFDWMK ein schönes Kürzel gegeben hätte. Auch von Demonstrationen sehen wir einstweilen ab, dafür ist es hier um den Hohen Meißner herum ohnehin die meiste Zeit des Jahres zu kalt. Wir setzten vielmehr auf die Kraft der Worte und Bilder – und die Reichweite moderner Kommunikation. Dabei werden wir uns und unsere Anliegen so ernst nehmen wie nötig – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Wir sind politisch nicht festgelegt. Was uns eint, ist lediglich die Gewissheit, dass hier (wie fast überall anders auch) nichts besser wird, wenn es einfach so seinen „geregelten sozialistischen Gang“ geht.

Wir freuen uns auf Ihre, auf Eure Rückmeldung, auf Meinung, jeden Zuspruch – und werden sicher auch den einen oder anderen Widerspruch verkraften.